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Jobcenter müssen keinen Mehrbedarf für die Anschaffung von FFP2-Masken zahlen.

Datum: 10.03.2021

Kurzbeschreibung: Jobcenter müssen keinen Mehrbedarf für die Anschaffung von FFP2-Masken zahlen.

Der im Jahr 1965 geborene Antragsteller begehrte im einstweiligen Rechtsschutz unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe vom Jobcenter die Gewährung eines Mehrbedarfs für die Anschaffung von FFP2-Masken. Das Sozialgerichts Karlsruhe war in der besagten Entscheidung davon ausgegangen, dass einem Empfänger von laufenden Leistungen nach dem SGB II ein pandemiebedingter Mehrbedarf für die Nutzung von 20 FFP2-Masken wöchentlich als Sachleistung, hilfsweise als Geldleistung unter Ansatz von 1,50 € pro Maske (monatlich 129,00 €) zustünde.

Die 4. Kammer des Sozialgerichts Reutlingen hat die Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe für nicht richtig erachtet und den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Es sei nicht glaubhaft, dass der Antragsteller auf die Nutzung von 20 FFP2-Masken wöchentlich angewiesen ist. Nach der aktuell gültigen Corona-Verordnung bestehe eine alternativlose Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske für einen erwachsenen Arbeitsuchenden nämlich nur beim Besuch von Krankenhäusern und stationären Einrichtungen für Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf. Anders als das Sozialgericht Karlsruhe meine, stelle dies keinen Verstoß gegen höherrangiges Recht dar. Soweit ein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Nutzung von FFP2-Masken in Situationen, in denen dies nicht zwingend vorgeschrieben sei, vorliege, fehle es angesichts des geringen Anschaffungspreises für diese Masken (0,845 €/Maske) und flankierender gesetzgeberischer Regelungen (zehn Gratismasken im März 2021 und 150 € pandemiebedingte Sonderzahlung im Mai 2021) an einer erheblichen finanziellen Mehrbelastung. Im Übrigen würden sich selbst voll im Erwerbsleben stehende und gutverdienende Menschen nach allgemeiner Lebenserfahrung keine FFP2-Masken im Wert von 129,00 € pro Monat anschaffen. Schließlich gehe es hier um Aufwendungen für den Kauf von Masken, wie sie bei allen erwachsenen Menschen in Deutschland gerade anfallen. Der geltend gemachte Mehrbedarf stelle daher keinen Einzelfall dar.
Auch die 7. Kammer des Sozialgerichts Reutlingen hat in einem gesonderten Beschluss vom 10.03.2021 (Az.: S 7 AS 410/21 ER) den Antrag der Antragsteller auf einen „Corona-Mehrbedarf“ (z.B. für das Besorgen von FFP2-Masken) abgelehnt. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass sich aus dem pauschaliert gewährten Regelbedarf derzeit Einsparungen generieren ließen, da wegen der Einschränkungen des öffentlichen und sozialen Lebens auf Grund des sog. lockdowns gewisse im Regelbedarf enthaltenen Beiträge (z.B. Verkehr (40,01 €), Kultur und Freizeitgestaltung (43,52 €) und Gaststättendienstleistungen (11,65 €)) nicht bzw. kaum eingesetzt werden könnten.

Beschluss vom 09.03.2021 (Az.: S 4 AS 376/21 ER) –rechtskräftig –
Beschluss vom 10.03.2021 (Az.: S 7 AS 410/21 ER) – noch nicht rechtskräftig –

Hinweis zur Rechtslage:

§ 21 Abs. 6 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II): Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

Haben Sie Fragen zu dieser Pressemitteilung, so können Sie sich gerne an die Pressestelle des Sozialgericht Reutlingen wenden:

Raphael Deutscher
Richter am Sozialgericht
Tel. 07121/940-3333

Vertreter: Holger Grumann
Vizepräsident des Sozialgerichts
Tel. 07121/940-3319

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