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Keine Lernförderung auf Kosten des Jobcenters bei negativer Prognose und notwendigem Wechsel der Schulform wegen gravierender Defizite

Datum: 23.05.2016

Kurzbeschreibung: Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat vor wenigen Tagen entschieden, dass eine 11jährige Realschülerin keine Kosten für Lernförderung (Nachhilfe) vom Jobcenter beanspruchen kann, da auch mit Nachhilfe die Versetzung in die nächste Klassenstufe aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreicht werden kann und ein Wechsel auf die Werkrealschule angezeigt ist.

Beschluss vom 23. Mai 2016, Az. L 12 AS 1643/16 ER-B

Die Mutter der Schülerin hatte nach einem schlechten Halbjahreszeugnis im Februar 2016 (u.a. Deutsch Note 5, Mathematik Note 5, Naturwissenschaftliches Arbeiten Note 5; Versetzung gefährdet, Schulwechsel empfohlen) beim Jobcenter mehrere Anträge auf Bildung und Teilhabeleistungen in Form von Lernförderung gestellt, die abgelehnt wurden. In einem Eilverfahren hat zunächst das Sozialgericht Freiburg das Jobcenter verpflichtet, der Schülerin Nachhilfe im Umfang von 6 Stunden/Woche zu zahlen. Erst nach dieser Entscheidung ist eine ausführliche Stellungnahme der Lehrkräfte vorgelegt worden, die davon ausgehen, dass eine Versetzung auch mit zusätzlicher Lernförderung nicht zu erwarten und ein Wechsel auf eine Werkrealschule angezeigt sei. Gestützt hierauf hat das Landessozialgericht der Beschwerde des Jobcenters stattgegeben, die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben und die Anträge auf Lernförderung in vollem Umfang abgelehnt.

Die Stuttgarter Richter haben darauf hingewiesen, dass eine Einzelfallprüfung unter Einbeziehung der Schule und der Lehrkräfte erforderlich ist. Abzustellen ist auf die wesentlichen Lernziele, also die Frage, ob und welche Defizite in versetzungsrelevanten Fächern bestehen und ob und wie diese ausgeglichen werden können. Vorliegend war die Prognose negativ, da nach der plausiblen Einschätzung der Schule und der Lehrer auch mit erheblichem Aufwand die Versetzung nicht hätte erreicht werden können. Bei gravierenden strukturellen Defiziten, die eine grundsätzliche Überforderung des Schülers beim Besuch einer höheren Schule zeigen, ist in eine geeignetere Schulform zu wechseln. Ein Anspruch auf Lernförderung besteht in solchen Fällen nicht.

 

Sozialgesetzbuch (SGB)

§ 28 Absatz 5 SGB II:

Bei Schülerinnen und Schülern wird eine schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung berücksichtigt, soweit diese geeignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach den schulrechtlichen Bestimmungen festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.

Dr. Steffen Luik

Richter am Landessozialgericht

- Pressesprecher -

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